Die Stadt Dessau-Roßlau führt seit 1992 kommunale Bürgerumfragen durch. Sie liefern wichtige Informationen für die Kommunalpolitik und Stadtverwaltung. Gleichzeitig sind sie ein Instrument der Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit zur Stadtentwicklung.
Die Auswertung der Bürgerumfrage 2022 spiegelt das Stimmungsbild der Bürgerinnen und Bürger in Dessau-Roßlau hinsichtlich der Zufriedenheit mit ausgewählten Einflussfaktoren für die Lebens- und Wohnqualität in einer Stadt wider. In dem Bericht sind ausgewählte Ergebnisse zusammengefasst, die für die mittel- bis längerfristige Stadtentwicklung und somit im Kontext der begonnenen Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) von besonderer Relevanz sein können.
76 % der Befragten geben an, mit der Stadt insgesamt zufrieden zu sein. In Bezug auf den eigenen Stadtbezirk, d.h. dem eigenen Wohnquartier, sind es sogar 88 %. Eine überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit auf Stadtbezirksebene zeigt sich dabei mit 96 % insbesondere in den nördlichen und östlichen Ortschaften sowie in dem Gebiet Ziebigk / Siedlung.
(Die nördlichen Ortschaften umfassen die fünf Stadtbezirke Brambach, Rodleben, Meinsdorf, Streetz / Natho und Mühlstedt, nicht jedoch Roßlau. Der Ortsteil bildete im Rahmen der Bürgerumfrage einen gesonderten Analyseraum. Die östlichen Ortschaften umfassen die vier Stadtbezirke, Mildensee, Waldersee, Kleutsch sowie Sollnitz.)
82 % der Bevölkerung geben an, gern in Dessau-Roßlau zu leben und 94 % sind mit ihrer Wohnsituation (sehr) zufrieden. Zentrale Gründe für die hohe Zufriedenheit mit der Stadt Dessau-Roßlau sind der Umfrage nach neben der guten Wohnsituation eine hohe Lebensqualität der Stadt, die vornehmlich durch viele Naherholungsmöglichkeiten, Grünflächen, Parks, aber auch durch ein (sehr) zufriedenstellendes Angebotsspektrum im Kultur-, Sport und Gastronomiebereich im Stadtgebiet geprägt wird.
Insgesamt wird deutlich, je älter die Bürger, desto höher die Zufriedenheit mit Stadt und Stadtbezirk und desto größer die Verwurzelung und Identifikation mit der Stadt. Von den 18- bis unter 25-Jährigen wünschen sich 30 %, anderswo zu wohnen. Bei den 25- bis unter 35-Jährigen sind es noch 26 %, während sich dieser Anteil bei Bürgern zwischen 45 bis unter 65 Jahren halbiert.
Mit Ausnahme der grundsätzlich eher stadtweit ausstrahlenden Angebote im Freizeit-, Kultur- und Gastronomiebereich sind die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Stadtvierteln vielfach sehr zufrieden und fühlen sich dort zumeist sehr wohl. Aus auch diesem Grund wird die Situation im eigenen Stadtbezirk vielfach positiver eingeschätzt als in der Gesamtstadt.
Speziell für junge Familien sind die sehr gut beurteilten Naherholungsmöglichkeiten und die damit einhergehende verbesserte Lebensqualität wichtige Faktoren für die Zufriedenheit mit der Stadt als Wohnort. Gleichzeitig sind es aber insgesamt die Ausgewogenheit und Vielfältigkeit der Angebote, die neben den Einkommensmöglichkeiten eine zentrale Rolle für die Wahl des Wohnortes spielen. Dies gilt in besonderer Weise für jüngere Bürger, Familien und Berufseinsteiger und damit für Personengruppen, auf welche Dessau-Roßlau für die demografische Stabilisierung und die Absicherung des Fachkräftebedarfs in besonderer Weise angewiesen ist. Hier sollte die Stadt der Bürgerumfrage zufolge insbesondere in den beiden folgenden Bereichen nachlegen:
Am häufigsten besuchen die Bürger die Dessauer City, um Einkäufe zu erledigen. Fast 70 % der Dessau-Roßlauer suchen die Innenstadt mindestens ein- bis zweimal im Monat aus diesem Grund auf, davon 42 % sogar wöchentlich. 44 % der Befragten gehen mindestens einmal bis zweimal im Monat in Gaststätten oder Cafés in der Innenstadt und 37 % entsprechend häufig zum Bummeln dorthin. Innerstädtische Kultur- und Freizeitangebote nutzen immerhin noch rund ein Drittel ein- bis zweimal monatlich. Nicht zu vergessen sind ärztliche und soziale Einrichtungen, die für ähnliche Frequenzen sorgen und damit maßgeblich zur Innenstadtbelebung beitragen.
Die Bürgerumfrage zeigt zugleich, dass das Stadtzentrum mit der Innenstadt von Dessau einem gewissen Bedeutungswandel unterzogen ist und die Chance zu dessen proaktiver Gestaltung genutzt werden sollte.
Die Einkaufsmöglichkeiten in der Dessauer Innenstadt werden zum Befragungszeitpunkt von November 2022 bis Januar 2023 von fast zwei Dritteln Bürger als (sehr) gut eingestuft. Auch das innerstädtische Gastronomieangebot und Kulturangebot werden von der weit überwiegenden Mehrheit - mit 80 % bzw. 72 % an (sehr) Zufriedenen - positiv bewertet. Was in der Innenstadt jedoch aus Sicht vieler Bürger fehlt, sind sonstige Freizeitmöglichkeiten, wie z.B. Musik- und Tanzveranstaltungen sowie Feste. Dieser Punkt ist vor allem aus Sicht der jüngeren Stadtbevölkerung unter 45 Jahren verbesserungswürdig.
In diesem Kontext sind z.B. die Neukonzeption des Stadtfestes in 2023 sowie die aktive Einwerbung der Stadt von Fördermitteln aus dem Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ (ZIZ) wichtige zielgerichtete Maßnahmen, um neue Funktionen in die Innenstadt zu bringen.
Über das Programm initiierte die Stadt Ende 2022 u.a. ein Citymanagement für die Dessauer Innenstadt, etablierte die NeuSTADT-Agentur und fördert seit dem Frühjahr 2023 die Ideenfindung der Jungen Stadtmacher der Hochschule Anhalt zur Zentrumsbelebung. Weiterhin werden durch das Programm diverse Machbarkeitsstudien zu leerstehenden Immobilien im Innenstadtbereich initiiert.
Erste Erfolge können verzeichnet werden. Zusätzliche verkaufsoffene Sonntage locken viele Einkäufer in die Stadt. Die gut besuchte Kulturnacht wird in diesem Jahr schon das zweite Mal veranstaltet. Leere Läden füllten sich durch interessante Initiativen, wie das „Mitmachlokal“ in der Zerbster Straße oder das „Werkstatt-Café“ in der Ferdinand-von-Schill-Straße. Sie helfen, wichtige neue Akteure und Funktionen in die Innenstadt zu bringen.