Die wenigsten werden wissen, dass das Rathaus zu Anfang des letzten Jahrhunderts verschiedene Institutionen beherbergte, die heutzutage sämtlich außerhalb der Rathausmauern zu finden sind, so beispielsweise die Sparkasse oder auch die Feuerwache. Figuren und Reliefs in der Außenfassade des Rathausbaus weisen teilweise noch heute darauf hin, wie die Feuerwehrhelme über den Toren im alten Innenhof.
Rätsel geben eiserne Tore und Gitter im Erdgeschoss auf, die an einigen Flurenden angebracht sind, deren ursprüngliche Verwendung aber sich heutzutage weder den Mitarbeitern noch den Besuchern des Rathauses offenbart.
Aufschluss gibt das von H. S. Art'l 1902 herausgegebene (und 1991 nachgedruckte) Büchlein "Allerlei vom Rathaus zu Dessau". Darin steht auf Seite 22:
"Sämmtliche übrigen Räume im Erdgeschoß sind von der Polizeiverwaltung eingenommen. Wachstube und Arresträume liegen dicht bei einander am Ende des Flügels an der Schloßstraße und im südlichen Querflügel, so daß das Einbringen Verhafteter in unauffälliger Weise vom Eingang der Schloßstraße aus leicht möglich ist. Da diese Räume auch nach Schluss der Expeditionsstunden gebraucht werden, wird durch Aufführung eiserner, Nachts geschlossener Gitter die Trennung von den übrigen Räumen des Rathauses durchgeführt."
So wird diese Flure und Räumlichkeiten so manch Zechbruder und Kleinkrimineller unfreiwillig von innen betrachtet haben, als vor 100 Jahren das Rathaus noch über eine kommunale Polizeistation verfügte. Heute dagegen bleiben die anscheinend noch funktionsfähigen Gitter durchweg geöffnet und werden von den meisten Vorbeikommenden vermutlich gar nicht mehr registriert.